Bisher noch keine Kommentare

The show must go on

Wie Pfadfinder:innen neue Pfade finden

Die Corona-Pandemie trifft viele Menschen. Auch die Kinder- und Jugendarbeit ist von den Beschränkungen betroffen. Die Pfadfinder:innen vom VCP Stamm John F. Kennedy haben sich zum Jahresanfang intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wie sie ihre pädagogische Arbeit unter den aktuellen Bestimmungen fortsetzen können. Denn gerade wichtige Grundaspekte der Pfadfinderei, wie die Naturverbundenheit, Geselligkeit und das gemeinsame Zelten oder Singen am Lagerfeuer sind nur schwer kompensierbar. „Vieles von dem, was man so sehr an den Pfadfinder:innen schätzt, ging verloren und kann auch über digitale Treffen nicht gewonnen werden“, bestätigt Gruppenleiter Samuel Draper (18). Dass viele Aktionen und Veranstaltungen ausfallen mussten, sorgte bei Kindern, sowie Gruppenleiter:innen für Frust und Enttäuschung. Gleichzeitig wurden viele neue Wege erkundet. „Wir mussten zwangsläufig unsere Strukturen und Arbeitsweisen überdenken, dadurch ist auch viel Gutes im letzten Jahr passiert“, betont Stammesführer Daniel Weitsch (19).

Durch die digitale Fernlehre verbringen die meisten Schüler:innen und Studierende bereits viele Stunden täglich in Videokonferenzen, Telkos und Online-Modulen, daher sind sie schwer zu digitalen Angeboten zu motivieren. Zwar kommen die digitalen Spielenachmittage sehr gut an, doch nicht alle nehmen an den Aktionen teil. Besonders wichtig ist nach wie vor der persönliche digitale Kontakt zu den Kindern, sagt Gruppenleiterin Stefanie Roggendorf (17).  „Uns ist wichtig, dass die Kinder von uns regelmäßig etwas bekommen, damit sie wissen, wir denken an sie“.

Die Arbeit der ehrenamtliche Gruppenleiter:innen hat sich seit dem Lockdown grundlegend verändert. Angebote und Gruppenstunden können seit Monaten nicht mehr in Präsenz stattfinden und es mussten neue digitale Angebote gefunden werden. „Man versucht natürlich trotzdem dafür zu sorgen, dass keiner vergisst, dass wir als Pfadfinder:innen noch da sind“, meint Samuel. Von wöchentlichen Rezepten, Rätseln und Spielideen über monatliche Gruppenaufgaben bis zur großen Onlinespieleshow und Telefon-Schnitzeljagd wurden bereits viele Ideen ausprobiert. Eine herausfordernde Aufgabe besteht darin, die Kinder am Ball zu halten, damit sie wieder mit Freude an den Gruppenstunden teilnehmen, sobald die Corona-Maßnahmen es zulassen. Bis dahin versuche man einfach, für die Kindern da zu sein, bekräftigen die beiden Gruppenleiter:innen.

Silas Waldmann (10) berichtet davon, dass es für ihn eine große Umstellung war, überall mit Mundschutz hinzugehen und so lange am Computer zu sitzen. Nicht nur der Ausfall von Geburtstagen und Sonntagsausflügen, sondern die fehlenden Freizeitaktivitäten waren besonders belastend. Auch andere Jugendliche und ehrenamtlichen Gruppenleiter:innen berichten von ähnlichen Gefühlen von Überforderung und Stress. Vor allem die soziale Isolation mache ihnen zu schaffen. Freund:innen treffen, abends am Lagerfeuer zusammensitzen, gemeinsam essen, lachen, spielen, wandern gehen, lange wach bleiben, im Zelt schlafen oder nachts gemeinsam den Sternenhimmel betrachten – auf all dies und noch mehr müssen sie zurzeit verzichten. Emily Schmid (15) sieht aber ebenso etwas Positives in der Situation. Durch den Lockdown hätte sich ihre Einstellung zu den Geschehnissen der Welt verändert. Es zeigt sich ebenso, dass die Schritte hin zur Digitalisierung in den letzten Jahren, wie eine Online-Anmeldung, sinnvoll waren und die aktuelle Situation sehr erleichtern, bekräftigt Stammesführer Daniel Weitsch.

Auch die Eltern gingen gerade an ihre Grenzen, offenbart Silas´ Mutter Sandra Waldmann. Beide Kinder im Homeschooling, dazu die fehlende Abwechslung und sozialen Kontakte seien eine explosive Mischung: „Alle stehen unter Strom, so unausgeglichen und angespannt kenne ich meine Kinder nicht“. Deswegen seien gerade die zahlreichen und vielfältigen Angebote der Pfadfinder:innen eine willkommene Ablenkung. „Toll war auch, dass der Gruppenführer persönlich vorbeigekommen ist und sich nach dem Wohl der Kinder erkundigt hat.“ Auch Emily, die mit ihrer Familie in einer Jugendherberge wohnt, wo auch ohne Gäste viel Arbeit ansteht, bestätigt dass die Ablenkung sehr hilfreich sei.

Nur durch viel Mutmachen durch Gruppenleiter:innen und Eltern können die Sorgen und die schlechte Laune aufgefangen werden, was für die ehrenamtlich tätigen jungen Erwachsenen nicht immer einfach ist. Auch sie benötigen Unterstützung und Anregungen. Der regelmäßige Austausch sei hilfreich, bestätigt Stefanie: „Zu sehen, dass andere gerade in der gleichen Situation sind und sich gegenseitig zu motivieren, macht Hoffnung, dass das Leben weitergeht und es irgendwann ein Leben nach Corona geben wird“. Die Ehrenamtlichen zu motivieren sei zurzeit eine seiner Hauptaufgaben, sagt Daniel Weitsch. Als Stammesführung sei er dafür verantwortlich, Ausgleich zu den ewigen Online-Meetings zu schaffen. „Insgesamt kann man an dieser Stelle nur Danke sagen, dass es Menschen gibt, die – obwohl sie selbst den Druck und die Forderungen der Pandemie erleben – für andere ehrenamtliche Arbeit verrichten“, betont er.

Mit Blick auf die Zukunft freuen sich alle besonders darauf, Freund:innen wieder zu sehen und auf Fahrt und Lager zu gehen, obwohl der Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Präsenzveranstaltungen bisher noch nicht feststeht. „Ich freue mich, die Pfadfinder:innen endlich wieder live zu sehen“, sagt Silas. Emily wünscht sich „einfach wieder unter Menschen zu sein“, aber auch mal etwas weiter wegzufahren als nur in der nächsten Umgebung zu bleiben. Dennoch sei ihnen ihre Pflicht gegenüber des Infektionsschutzes bewusst. Die Stammesführung wünscht sich klare Regelungen und eindeutige Richtlinien für die Kinder- und Jugendarbeit außerhalb von Sportvereinen und Sozialarbeit. Nur so könne die Arbeit verantwortungsvoll ausgeführt werden. „Die erste Fahrt und das erste Lager werden aber natürlich sehnsüchtig erwartet. So freuen sich auch die Älteren unter uns wieder wie die Kleinen auf die erste Fahrt und das Wiedersehen!“, berichtet Daniel Weitsch.

 

[Malka Draper]

Kommentar abgeben.