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Erntedank – Ein Fest mit langer Tradition

Erntedank – ein historischer Überblick

Erntedankfeste haben bereits eine sehr lange Tradition in Europa. Bereits in der Antike wurden der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter Opfergaben dargebracht und die Ernte galt als Symbol der göttlichen Macht. Fiel sie gut aus, waren die Götter den Menschen gnädig gestimmt, fiel sie schlecht aus, waren die Götter erzürnt und wollten die Menschen bestrafen. Auch in anderen vorchristlichen Gesellschaften wurde die Ernte gefeiert. Die Kelten feierten ein Kornfest und ein Weinfest an der Tagundnachtgleiche und die Germanen zelebrierten drei Tage lang das Ende der Ernte. Juden feiern das Wochenfest Schawuot zu Beginn der Ernte und das Laubhüttenfest Sukkot an ihrem Ende.

Später erfuhr das Fest eine starke christliche Prägung. Seit dem 3. Jahrhundert sind christliche Erntedankfeiern überliefert. Der Oktober wurde damals auch als Holzmonat bezeichnet, da nun die Zeit begann, sich auf den Winter vorzubereiten, Holz anzuhäufen und die Wintersaat auszubringen. Die anstrengende und aufreibende Zeit der Ernte findet ein Ende, was für viele der Beteiligten eine Entlastung darstellt. Eine Feier mit Tanz, Speis und Trank sollte die harte Arbeit und den harschen Umgangston entlohnen und Arbeiter*innen mit ihren Gutsherren*innen versöhnen. Auf denselben Zeitraum fielen vielerorts auch die regionalen Jahrmärkte und Kirmes (Kirchweihfeste). Das wohl bekannteste ehemalige Erntedankfest sind die Cannstatter Wasen. Nach einer schlechten Ernte und folgendem Hungerwinter, wurde im nächsten Jahr ein Landwirtschaftsfest gestiftet, damit die Bauern*Bäuerinnen ihre Waren und Tiere präsentieren konnten. Durch die wachsende Industrialisierung und Massenherstellung von Lebensmitteln, sowie das Wachstum des globalen Marktes, wurden die Menschen von der heimischen Ernte unabhängiger und das Fest verlor an Bedeutung. Auch die Instrumentalisierung und Propaganda der Nationalsozialisten zur Bindung aller Landwirte*innen als die „Volksgemeinschaft“ konnte die Unabhängigkeit der deutschen Wirtschaft nicht aufgehalten werden. In letzter Zeit nimmt das Umweltbewusstsein zu, weshalb bei den kirchlichen Erntedankfeiern Umweltschutz, Entwicklungshilfe und Nachhaltigkeit im Mittelpunkt stehen. Auch heute noch wird Erntedank von vielen verschiedenen Religionen und Ländern gefeiert.

Christliche Traditionen

Einen festen Termin für die kirchlichen Erntedankfeiern gibt es nicht, da die Erntezeiten je nach Region unterschiedlich enden. 1972 legte die Deutsche Bischofskonferenz den 1. Sonntag im Oktober fest, in evangelischen Gemeinden wird allerdings von Ende September bis Anfang Oktober gefeiert. Meist fällt die Feier auf einen benachbarten Sonntag des Michaelistages (29. September). Da der Tag an kein biblisches Ereignis gebunden ist, ist er kein offizieller Bestandteil des Kirchenjahres und die Feier ist freiwillig.

Bereits im 1. Buch Mose wird berichtet, dass Kain und Abel Opfergaben als Dank für die gute Ernte geben. Kain, der Früchte seines Feldes darbringt, wird später wütend, da er glaubt, seine Gaben würden durch Gott weniger wertgeschätzt als die von Abel geopferten Herdentiere, woraufhin er seinen Bruder erschlägt.

Auch im Vater Unser erinnert uns die Bitte „Unser Brot gib uns heute“ daran, dass unsere tägliche Versorgung keine Selbstverständlichkeit ist. Die Ernte zeigt uns auf, dass alles von Gott gegeben wird und als Teil der göttlichen Schöpfung wertzuschätzen sind. Der Mensch bleibt von den Naturerzeugnissen abhängig und sollte sich für Gottes Schöpfung und Gaben dankbar zeigen. Die Erntedankfeier erinnert an die Schönheit der Natur und an unsere Aufgabe, die Schöpfung zu bewahren. Außerdem danken wir dafür, dass wir keinen Hunger leiden müssen. Wir bleiben nicht nur von der Natur abhängig, sondern sind selbst Teil der wunderbaren göttlichen Schöpfung.

Danken und Teilen ist außerdem ein wichtiger Bestandteil des christlichen Grundverständnisses.

Ernteschmuck und -feiern

Zu Erntedank wird die Kirche meist feierlich mit farbenfrohen Arrangements geschmückt. Der Altar wird mit Erntegaben hergerichtet und oft wird eine Erntekrone geflochten und in der Kirche oder auf dem Gemeindeplatz zur Schau gestellt. Die Krone symbolisiert Macht und der Kranz unter der Krone steht als Zeichen für Ewigkeit ohne Anfang und Ende.

In vielen Gemeinden wird ein Festessen oder ein Tanzabend organisiert. Bei Festumzügen werden geschmückte Wagen durch die ganze Gemeinde gezogen. In vielen Gemeinden werden aus den letzten Feldgaben Erntepuppen geflochten, die als Opfergabe auf dem Feld bleiben und beim Fest einen Ehrentanz mit dem Bauern tanzen. In Bergregionen ist es bis heute üblich, die Herdentiere festlich zu schmücken, bevor sie in die Täler getrieben werden.

In vielen Kirchen wird die Feier mit einem Dankesgottesdienst und einer Solidaritätsaktion verbunden, bei der Spenden für gemeinnützige Projekte oder Organisationen gesammelt werden.

Aus anderen Ländern ist vor allem das amerikanische Thanksgiving bekannt. Es wird zum Gedenken an die erste Ernte der Pilgerväter am 4. Donnerstag im November gefeiert und ist ein einheitlicher ziviler Feiertag. Es gilt als Familienfest, bei dem ein Festmahl, traditionell mit Gerichten wir Truthahn, Kürbiskuchen und Preiselbeeren, aufgetischt wird.

 

Quellen

https://www.helles-koepfchen.de

https://www.ekd.de/

https://www.katholisch.de